Sabrina mit ihrem Sohn Dominik (© privat)
Hallo, ich bin Sabrina!
Mein Name ist Sabrina. Ich bin 41 Jahre alt und wohne mit meinem Mann Stefan im wunderschönen Salzburg. Unsere zwei Kinder Janine und Dominik machen unser Leben perfekt. Janine ist mit ihren bald 21 Jahren die Älteste. Dominik unser kleiner Zwerg, wie wir ihn liebevoll nennen, ist bereits 16 Jahre alt. Dominik ist jedoch nicht wie ein typischer 16-jähriger Teenie, der mitten in der Pubertät steckt – Pubertät ja, aber anders …
Als unser zweites Wunschkind vor 16 Jahren auf die Welt kam, lief so einiges anders, als bei der ersten Geburt. Bis zuletzt in der Schwangerschaft war alles immer in bester Ordnung. Aber das Schicksal wollte einen anderen Weg einschlagen. Der Geburtstermin wäre genau der 14.2.2006 gewesen – Valentinstag, schon fast ein wenig kitschig. Aber der kleine Wurm meldete sich bereits am 10.02.2006 und wollte raus. Da wir schon eine Geburt miterlebt hatten, wussten wir so ungefähr, was auf uns zukommen würde…ja, das dachten wir.
Die Herztöne waren nicht Okay und das Fruchtwasser verfärbt!
In der Klinik ging dann alles schnell. Die Herztöne passten nicht und das Fruchtwasser war stark verfärbt. Ich lag aber mit den Gedanken für mich alleine. Ich wusste nicht, was als nächstes passiert. Ich kann mich an alles so gut erinnern, als wäre es gestern erst geschehen.
Die Geburt glich nicht meiner ersten – und sie bereiteten alles für einen Kaiserschnitt vor, machten also auch mich dafür bereit. Die Herztöne wurden immer schlechter, doch die Ärzt*innen warteten weiter. Sie nahmen meinem ungeborenen Sohn zwei Mal Blut über ein Röhrchen ab. Ich wartete auf den Kaiserschnitt, alles war neu für mich. Ich habe mir meine eigenen Gedanken gemacht. Doch der Kaiserschnitt erfolgte nicht. Vier Stunden später kam mein Sohn Dominik spontan auf die Welt.
Normalerweise schreit ein Baby nach der Geburt, aber auf den Schrei wartete ich anfangs vergebens. Sie saugten Dominik mehrfach ab, bis dann doch ein kleiner Schrei über seine Lippen kam. Die Ärzt*innen gaben auch meinem Mann, der draußen mit Janine wartete, Bescheid, damit sie den kleinen Mann mal kurz bestaunen konnten, bevor er dann auf die Neonatologie verlegt wurde.
Wir wussten nicht, was vor sich ging!
Es war ein seltsames Gefühl, ohne sein Baby im Arm die Geburtsstation zu verlassen und allein im Zimmer zu liegen, während andere Eltern kuschelten. Domi, einfach allein in einem Wärmebettchen liegen zu lassen und nicht zu wissen, was er hat, raubte mir den Verstand. Deshalb ging ich gleich rüber in die Neonatologie.
Die nächsten zwei Tage war ich in meinem Zimmer nie auffindbar – auch in den Aufzeichnungen stand immer nur der eine Satz: Die Patientin ist auf der Neo zu finden. Nach den zwei Tagen habe ich mich selbst entlassen, um für meine damals 5-jährige Tochter auch da sein zu können. Sie verstand nicht, was vor sich ging, aber wie auch, wenn wir Erwachsene es selbst nicht wussten.
Meine Tochter spendetet Domi mit ihrem Lieblingsstofftier Kraft!
In der Zwischenzeit wurde Domi in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt – die Untersuchungen dauerten an und wir standen Tag und Nacht an seinem Bettchen. Janine durfte nicht auf die Station. Sie lernte ihren kleinen Bruder durch eine Glasscheibe kennen, malte für ihn Bilder und gab mir ihr Lieblingsstofftier mit, das in ein steriles Säckchen verpackt wurde und ihm Kraft spendete.
Diagnose: Hirninfarkt, Hirnblutungen, Nebennierenblutung, Nierenvenenthrombose & Schrumpfniere
Mein Mann und ich wechselten uns immer ab, sodass immer jemand bei der Großen und auch beim Kleinen war. Als die Untersuchungen abgeschlossen waren und wir im Besprechungszimmer erfuhren, was eigentlich los ist, riss es uns im ersten Moment die Füße weg. Diagnose: Hirninfarkt, Hirnblutungen, Nebennierenblutung, Nierenvenenthrombose und Schrumpfniere. Er wird sich nie bewegen können und die Umwelt nicht wahrnehmen können. Was für eine Nachricht.
Ich glaube: Für Eltern ein Schlag ins Gesicht! Während mein Mann das erst einmal verdauen musste – denn er sah sich ja schon mit seinem Sohn Fußball spielend auf der Wiese – ging ich zurück zu seinem Bettchen. Denn zu diesem Zeitpunkt war nicht klar, ob er die Reise mit uns weiter antreten konnte. Das hing davon ab, ob er von seinem künstlichen Tiefschlaf auch wieder munter werden würde. Der kleine Kämpfer machte nach vier Wochen langsam seine Augen auf und schenkte uns das pure Glück. Egal, was sein sollte: Wir als Familie schaffen das zusammen und meine Eltern waren hier ebenfalls eine große Stütze!
Unser Leben war anders, aber eben nicht schlecht!
Das Leben konnte beginnen, zwar anders, aber das heißt noch lange nicht, dass „anders“ schlecht bedeutet.
Wir machten all das, was wir mit Janine auch machten: auf den Spielplatz gehen, im Sand spielen etc. Je älter Dominik wurde, desto mehr Blicke zogen wir an. Ich würde nicht mal sagen, dass es böse Blicke sind – gut, solche gibt es auch, aber da kann ich mittlerweile gut kontern – sondern, dass der Großteil einfach nicht wusste, wie sie richtig mit der Situation umgehen sollten.
Ich kann gut mit meiner großen Tochter sprechen. Uns kam dann die Idee, dass wir die Menschen auf Instagram ein wenig mitnehmen. Wir wollten unseren Alltag zeigen und auch aufklären. Denn irgendwer muss doch auch mal zeigen: Nur weil man ein behindertes Kind hat, ist das Leben nicht vorbei! Wichtig ist, dass man als Elternteil das Schicksal akzeptiert. Solange das nicht der Fall ist, tut man sich im Leben schwer. Aber es geht auch anders – und genau da setzen wir an.
Ich wünsche mir, dass die Menschen offener auf diese Kinder oder auch Erwachsene zugehen!
Wir lassen uns durch nichts unsere Lebensfreude nehmen und haben auf unserem Account schon die eine oder den anderen inspiriert. Die Nachrichten, die wir erhalten, sind enorm. Es reicht von Komplimenten bis hin zu Ratschlägen, was sie selbst in gewissen Situationen tun könnten.
Ich versuche auch die einen oder anderen Probleme anderer mit Ideen zu lösen. Und manchmal gibt es einfach nur diejenigen, die sich bedanken, wenn ich wieder irgendwas poste, um ihnen den Tag zu versüßen und ich sie zum Schmunzeln bringe. Das zeigt mir auch persönlich, dass wir hier das Richtige gemacht haben. Ich hoffe, dass ich damit auch einen Teil dazu beitragen kann, dass die Menschen einfach offener auf diese Kinder oder auch auf Erwachsene zugehen.
Das Schicksal hat uns noch enger zusammengeschweißt!
Der Familienzusammenhalt war bei uns immer schon sehr innig. Wir sind absolute Familienmenschen und dieses Schicksal hat uns noch enger zusammengeschweißt. Manche treibt ein Schicksalsschlag komplett auseinander – leider! Bei uns ist es hier ganz anders. Wir haben zwei Jahre nach dem ganzen Chaos geheiratet – das ist mittlerweile schon wieder 14 Jahre her.
Janine hat zu ihrem kleinen Bruder eine sehr innige Beziehung. Als Dominik geboren wurde, musste sie schon auch zurückstecken. Ich würde lügen, wenn ich das Gegenteil behaupten würde. Mit ihren damals fünf Jahren hat sie einiges erlebt, aber genau das macht sie heute aus. Ihr soziales Einfühlvermögen in allen Bereichen ist eine ihrer großen Stärken. Und auf ihren kleinen Bruder lässt sie nichts kommen. Wenn es ihm grad nicht gut geht, weiß sie ganz genau, was sie machen muss – sie stärkt uns Erwachsenen bereits den Rücken.